Warum Bodenarbeit so wichtig ist

Warum Bodenarbeit so wichtig ist
(Foto mit freundlicher Genehmigung von Tim Hayes)

Die Spanische Hofreitschule in Wien (Österreich) gilt als die schönste Reit- und Pferdeschule der Welt. Hier ein Mitglied zu werden, klassische Dressur zu lernen und Meister der Kunst der Ausbildung der großen weißen Lipizzaner zu werden, ist für viele die höchste Ehre, die ein Mensch in der Welt des Pferdes erreichen kann. Ob man mit dieser Aussage einverstanden ist oder nicht, ist nicht signifikant. Aber zu wissen, dass, bevor es einem Studenten erlaubt ist zu reiten, sie vier Jahre Bodenarbeit durchführen müssen – das ist aber auf jeden Fall bedeutsam!

Der Zweck aller unserer Arbeit mit einem Pferd -ob Schulung, Einreiten, Training, Brechen oder was auch immer Begriff verwendet wird- ist, dass das Pferd in einer positiven Weise ohne Widerstand auf alle menschlichen Anfragen reagiert. Am häufigsten geht es um das Reiten. Dies kann gleichzeitig auch die anspruchsvollste Aufgabe sein. Als Raubtier ist ein Mensch, der auf der Rückseite eines Beute-Tierpferdes sitzt, nicht nur unnatürlich – es ist eine der schrecklichsten Forderungen, die wir lehren zu akzeptieren. Wir müssen unseren Pferden beibringen wie man jede häusliche Sache, die wir in ihr Leben bringen, toleriert – ob es Pferdeanhänger, Sattel, Decken, Gebisse, Menschenmassen, Motorräder etc. sind.

„Natural Horsemanship“ lehrt uns, dass -bevor ein Pferd etwas Neues erlernen kann- es drei primäre Bedürfnisse hat, die erfüllt sein müssen: Sicherheit, Komfort und Führung. Zuerst muss es sich 100% sicher fühlen. In seiner Welt bedeutet das: er wird nicht gegessen Sein zweites Bedürfnis ist, sich wohl zu fühlen: geistig, emotional und körperlich. Er will sich keine Gedanken darum machen müssen, warum der Pick-up-Truck mit Heu an ihm vorbei fährt, ohne zu stoppen. Er will sich nicht ängstlich fühlen, weil einige seiner Stall-Freunde von ihm gehen und er vielleicht alleine gelassen wird. Und er möchte keine körperlichen Beschwerden wie einen wunden Rücken oder Huf erleben, welche seine Aufmerksamkeit von uns auf diesen Schmerz lenken würde.

Sobald seine ersten beiden primären Bedürfnisse „Sicherheit“ und „Wohlfühlen“ erfüllt sind, wird das Pferd ganz aufmerksam und ist in der Tat begierig, sein drittes primäres Bedürfnis zu erfüllen – nämlich einen Führer zu wählen. Equine Führung wird durch Herausforderungen der physischen Dominanz etabliert. Pferde würden es Pferdespiele nennen. Die Menschen nennen es Bodenarbeit. Die Hierarchie der Führung zu bestimmen, liegt darin, dass jedes Pferd oder Mensch das andere Pferd mit einer dominanten Körpersprache physisch herausfordert und eine Botschaft sendet die übersetzt lautet: “Ich wette, ich kann machen, dass du deine Füße bewegst”. In “Pferdeland” ist es so, dass der, der die Bewegung der Füße eines anderen kontrolliert, der Gewinner der Herausforderung ist und damit der Führer oder das “bessere Pferd”. Dieses Wissen macht die Bodenarbeit so wichtig. Denn nur, wenn uns unser Pferd vertraut und uns als seinen Führer respektiert, ist es in der Lage, unsere Führung zu akzeptieren, Anfragen ohne Widerstand zu erlernen und uns bereitwillig zu folgen.

Eine der schönsten Eigenschaften des Pferdes, die dem Menschen auch zugutekommen, ist sein angeborener Wunsch, sich zu verständigen und zu anderen dazuzugehören. Damit dies aber funktioniert, muss er zuerst wissen, wo er in der Rangordnung bei seiner Herde steht … ist er der Führer oder der Anhänger? Wenn wir mit der Bodenarbeit beginnen, die die Körpersprache der pferdeartigen körperlichen Dominanz simuliert und damit unserem Pferd zeigen, dass wir seine Bewegungen ohne Angst, Kraft oder Schmerz kontrollieren können, wird es uns gerne als Anführer akzeptieren.

Wenn man Pferden auf einer Weide zusieht, so kann man dies ständig beobachten. Eine typische Herausforderung geht so: Pferd A findet ein köstliches Stück Weide und fängt an zu kauen. Pferd B sieht das und entscheidet, dass es zu der gleichen Stelle will. Er geht vorbei, wirft einen strengen Blick und wartet auf A, auf das es weggeht. Wenn A sich nicht bewegt, legt B die Ohren an. Wenn A dann immer noch da ist, öffnet er sein Maul, zeigt seine Zähne und schwenkt den Kopf. Schließlich, wenn A sich immer noch nicht bewegt hat, gibt es von B einen Biss am Hals. Jetzt entfernt sich A schnell von den Unannehmlichkeiten des Bisses. B bekommt das Stück Weide und stellt seine Überlegenheit über A in der Hackordnung her.

Einige Pferde werden ständig andere ihr ganzes Leben herausfordern. Dies wird ihre Führungsposition festlegen, wiederherstellen oder ändern, egal ob es sich um eine Herde von 10 oder eine Herde von 100 handelt. Und Du kannst auch versuchen, deine Führung in einer Herde von Zwei zu etablieren, wiederherzustellen oder zu verändern – nämlich bei Dir und deinem Pferd!

Bodenarbeit hat viele Vorteile. Die nützlichste ist, sich als Führer deines Pferdes in deiner Herde von Zwei auf dem Boden zu etablieren oder wiederherzustellen, bevor du auf den Rücken des Pferdes klettern. Während des Reitens ist ein ungünstiger Zeitpunkt zu entdecken, dass dein Pferd sich immer noch für deinen Führer hält. Du musst deine Führung auf die gleiche Weise wie ein anderes Pferd erlangen, nämlich in dem Du zuerst die Bewegung der Füße deines Pferdes kontrollierst, während Du noch mit beiden Beinen auf dem Boden stehst.

Ein Beispiel für die Bodenarbeit wäre, wenn du mit dein Pferd mit einem Halfter und Strick führst und du möchtest, dass es sich umdreht und dich ansieht. Du würdest beginnen, indem Du einen strengen Blick auf die Hüfte des Pferdes wirfst und ca. fünf Sekunden auf ihn wartest, dass es seine Hüfte weg zu bewegt, seinen Körper zu Dir dreht und Dich anschaut, damit Du ihn stellen kannst. Wenn er es nicht macht, dann würdest Du deine Hand heben, die den Strick hält. Wenn es sich immer noch nicht bewegt, würdest Du deinen Strick in einem Kreis schwingen, der bis etwa sechs Zentimeter vor die Hüfte deines Pferdes reichen würde. Wenn es dann seine Hüfte immer noch nicht bewegt, würde man das Ende des schwingenden Seils vorsichtig verlängern, um zu erreichen, dass die Hüfte des Pferdes mit dem Ende des Stricks einen kleinen Kontakt bekommt. Ich garantiere, dass, wenn das Seil die Hüfte des Pferdes berührt, wird es sich in die gewünschte Richtung bewegen und es wird Dir ins Gesicht schauen.

Dieses Vorgehen ist aber etwas völlig anderes, als wenn man die Hüfte des Pferdes mit dem Seil schlägt. Solange Du deinem Pferd die Gelegenheit gegeben hast, sich zu bewegen, bevor das Seil es berührt, wird es verstehen, dass es selber die Ursache war, von dem Seil berührt zu werden – nämlich weil es versäumt hatte, aus dem Weg zu gehen als du die ersten dreimal höflich angefragt hast. Und nicht nur, dass es sich bewegt – Es wird sich bewegen, ohne aggressiv zu werden oder Dich zu ärgern. So fangen wir an, Respekt von unserem Pferd zu verdienen.

Mit der natürlichen nonverbalen Kommunikation der Bodenarbeit, hast Du dein Pferd dazu gebracht, auf eine positive Art und Weise zu reagieren, seinen Respekt zu gewinnen und begonnen, Dich als sein Führer zu etablieren. Du hast dies mit Ehrlichkeit, Fairness, Durchsetzungsvermögen und Führung durch die Kommunikation in seiner natürlichen Körpersprache erreicht. Um mein Pferd mit Leichtigkeit, Widerstandslos und positiven Reaktionen zu reiten, brauche ich alle diese Eigenschaften für mich auf dem Boden, bevor ich auf das Pferd steige. Ich kann mein Pferd nicht bitten, etwas zu tun, wenn ich auf ihm sitze, ohne das es dies nicht zuerst bereitwillig für mich auf dem Boden getan hat.

Natural Horsemanship lehrt uns, mit unserem Pferd in seiner Sprache zu kommunizieren. Nur dann, wenn wir gegenseitiges Verständnis haben, können wir eine echte Beziehung zu einem willigen Partner erschaffen. Erst dann können wir die Liebe, das Vertrauen und die Respekt erwerben, die notwendig ist, unserem Pferd zu erlauben, uns als seinen Führer zu betrachten und uns beide mit unseren beiden wichtigsten Zielen zu versorgen: Sicherheit und Spaß. Es beginnt mit Bodenarbeit … der Schlüssel für großartiges Reiten, welches immer mit einer tollen Beziehung beginnen muss.

Tim Hayes Natural Horsemanship Trainer Author

Tim Hayes

Tim Hayes ist Experte für Pferdeverhalten und -therapie und hat sich auf Natural Horsemanship spezialisiert. Er bietet verschiedene Seminare (engl. Clinics) an, die auf seinen Büchern „Riding Home-The Power of Horses to Heal“ und „Horses, Humans, and Love“ basieren.

Hayes ist dafür bekannt, außergewöhnliche Beziehungen zwischen Pferden und Menschen zu fördern. Seine Arbeit konzentriert sich auf drei Hauptbereiche: Equine Therapy Clinics, Self-Discovery Clinics und Natural Horsemanship Clinics.

Für detailliertere Informationen können Sie seine Website hier besuchen.

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