Horsemanship nichts für Englisch-Reiter?

Horsemanship nichts für Englisch-Reiter?

Im Allgemeinen wird der Begriff “Natural Horsemanship” mit Personen verbunden, die mit Cowboy-Hüten, Jeans und Boots durch die Gegend stapfen und sich dem Western-Reiten verschrieben haben.

Der Grund mag hierfür durchaus der Film vom “Pferdeflüsterer” mit dem US-Schauspieler Robert Redford in der Hauptrolle sein, oder aber auch die Außendarstellung eines Pat Parelli oder Monty Roberts – um nur einmal zwei der bei uns in Deutschland bekannten Gesichter des “Natural Horsemanship” zu nennen.

Durch diese Assoziation wird dann häufig darauf geschlossen, dass das “Natural Horsemanship” mit dem Western-Reiten weitestgehend zu tun hat bzw. sogar identisch ist – was natürlich auch damit zusammen hängt, dass Werkzeuge aus dem “Natural Horsemanship” öfter bei einem Western Reiter anzutreffen sind.

“Natural Horsemanship” ist nicht gleich Western-Reiten…

Fakt ist allerdings: Das “Natural Horsemanship” hat mit irgendeinem Reitstil überhaupt nichts tun, sondern es geht hier um die grundsätzlichen Dinge in der Beziehung zwischen Pferd und Reiter. Das beginnt bei der Ausbildung mit einem jungen Pferd und schließt später das Verhältnis Pferd und Reiter mit ein.

Und da gibt es dann schon sehr große Unterschiede zwischen der “klassischen” Pferde- und Reiter-Ausbildung, so wie wir es hier in Europa gewohnt sind und der “Natural Horsemanship”-Bewegung, die sich in den USA im letzten Jahrhundert entwickelt hat.

…und auch keine Bodenarbeit

Nicht? Natürlich irgendwo doch schon. Was wir damit sagen wollen: Stehen bei der Bodenarbeit eher Themen wie z.B. Muskelaufbau im Vordergrund, so dienen die Übungen im “Natural Horsemanship” eher einer Erziehung des Pferdes oder (noch genauer) der Definition des Verhältnisses von Pferd und Reiter.

Ich helfe nicht Menschen mit Pferde-Problemen sondern Pferden mit Menschen-Problemen.

Buck Brannaman

Auch wenn diese Aussage eher radikal erscheint, so definiert sie doch in einem Satz den Kern von “Natural Horsemanship”.

“Natural Horsemanship” ist eine Philosophie

So kann man sogar von einem Gegenentwurf zur traditionellen Arbeitsweise mit Pferden sprechen. Dies fängt bei der Erziehung von Jungpferden an und geht aber weit darüber hinaus. Die Grundidee ist an sich recht simpel: Bringe dein Pferd dazu etwas für Dich zu tun und zwar nicht aus einem Zwang heraus, sondern aus der Überzeugung, dass Du der Anführer bist, dem man blind vertrauen kann.

Eigentlich eine Feststellung, die in jedem modernen Management-Seminar beigebracht wird. Dabei ist das “Natural Horsemanship” gar keine so neue Entwicklung, wie man vielleicht vermuten könnte. Und auch der Pferdeflüsterer macht eigentlich nur schlagartig bei uns in Europa eine Idee bekannt, die schon vorher seit mehreren Jahrzehnten existierte.

Aber auch dies stimmt so nicht ganz. Der Weg einer sanften Pferdeausbildung lässt sich über die Jahrhunderte zurück verfolgen. Bereits im 19. Jahrhundert wurde diese Kunst des Pferdetraining in den USA nachweislich praktiziert – damals unter dem Namen “Horse-Whispering” (Pferdeflüstern).

Mit dem heutigen “Natural Horsemanship” ist der Name Tom Dorrance (1910-2003) eng verbunden. Zusammen mit seinem Bruder Bill (1906-1999) gilt er als Vater bzw. Pate der Bewegung. Aus seiner Arbeit mit Pferden entwickelten sich die Ideen und Techniken, welche als damit beschrieben werden “sich in das Pferd einzufühlen und seine Reaktion auf den Reiter zu beobachten”.

Mit Tom Dorrance ist der Name von Ray Hunt (1929-2009) eng verknüpft. Er gilt als sein bekanntester Schüler und hat die Idee des “Natural Horsemanship” weit in die Öffentlichkeit der USA getragen. Buck Brannaman wiederum gilt als der bekannteste Schüler von Ray Hunt.

Diese drei Personen bilden mit ihrer Arbeit quasi das Fundament der modernen Pferdeflüsterei. Das Buck Brannaman als Berater (und noch ein wenig mehr) für den Film “Der Pferdeflüsterer” tätig war, hat der ganzen Sache nochmals einen gehörigen Schub verliehen. Schließlich gab es damals ja noch kein Internet, so wie wir es heute kennen, mit seinen ganzen Möglichkeiten.

Trotz einer gewissen Geschäftemacherei, die sich drumherum aufgebaut hat, wächst die Schar der Anhänger von Jahr zu Jahr und folgt der Idee der “anderen” Arbeit mit Pferden.

Was aber ist das Besondere an diesem “Natural Horsemanship” und wie hat sich alles enwickelt? Um den “Spirit” näher zu bringen, möchten wir auf Anna Joel und ihren Artikel “Die wahren Pferdeflüsterer”verweisen. Ihr gelingt es sehr eindrucksvoll, die besondere Geschichte um Tom, Ray und Buck zu erzählen und uns in ihre Welt der Pferde mitzunehmen – und vielleicht unsere Arbeit mit dem uns anvertrauten Pferd einmal zu reflektieren oder zu hinterfragen.

Tom Dorrance Benefit
Tom Dorrance Benefit – Die komplette Teilnehmerliste können Sie hier sehen

Mit dabei unter den 100 geladenen Lehrern: Tim Hayes, Gastautor auf unserem Blog. (Auf dem Foto der vierte von Links, dunkler Hut und dunkles Hemd mit zwei senkrechten weißen Streifen. Damals noch ohne Vollbart 😉 )

Gerade aufgrund dieser Historie sind wir von Reitsport-Sattel-Nord sehr stolz, mit Tim Hayes einen wirklichen Fachmann in Sachen “Natural Horsemanship” als Autor auf unserer Webseite präsentieren zu können – vor allen Dingen, da es auch jetzt schon Unterschiede in der Auslegung des “Natural Horsemanship” gibt.

Übrigens: 8 Plätze neben Tim Hayes ist Buck Brannaman zu sehen. (Beige Jacke, weißes Hemd und heller Hut)

Nichts für “Englisch-Reiter”?

Wie schon mehrfach erwähnt, dient das “Natural Horsemanship” in erster Linie dazu, das Verhältnis in der Arbeit mit seinem Pferd zu definieren. Und dies OHNE den großartigen Einsatz von Hilfsmitteln.

Wenn Sie also als Reiter schon öfter die Überlegung hatten, ob es neben den ganzen Ausbinde-Techniken, Sperr-Riemen und was sonst noch so an Hilfsmitteln auf dem Markt ist, auch einen anderen Weg gibt, um sein Pferd auszubilden und mit ihm zusammenzuarbeiten, dann möchten wir Ihnen die Idee des “Natural Horsemanship” wirklich ans Herz legen.

“Natural Horsemanship” bildet die Grundlage für jede weitere Zusammenarbeit mit ihrem Pferd – egal ob Boden-Kunststücke, Dressur- oder Springreiten oder auch Westernreiten. Die Erkenntnis, dass eine freiwillige Arbeit, die man gerne macht, zu viel besseren Ergebnissen führt als eine Aufgabe, die man unter Zwang erledigen soll, hat doch eigentlich ein Jeder schon in seinem Leben gemacht.

Und warum soll dies für die Zusammenarbeit mit unserem Pferd nicht gelten?

In unserem Blog finden Sie alle bisher veröffentlichten Beiträge von Tim Hayes zum “Natural Horsemanship” exklusiv in deutscher Übersetzung.

Tim Hayes Natural Horsemanship Trainer Author

Tim Hayes

Tim Hayes ist Experte für Pferdeverhalten und -therapie und hat sich auf Natural Horsemanship spezialisiert. Er bietet verschiedene Seminare (engl. Clinics) an, die auf seinen Büchern „Riding Home-The Power of Horses to Heal“ und „Horses, Humans, and Love“ basieren.

Hayes ist dafür bekannt, außergewöhnliche Beziehungen zwischen Pferden und Menschen zu fördern. Seine Arbeit konzentriert sich auf drei Hauptbereiche: Equine Therapy Clinics, Self-Discovery Clinics und Natural Horsemanship Clinics.

Für detailliertere Informationen können Sie seine Website hier besuchen.

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