4 Gründe warum ein Pferd NEIN sagt

4 Gründe warum ein Pferd NEIN sagt

Die am häufigsten gestellte Frage in der Pferdewelt ist: “Warum weigert sich mein Pferd manchmal das zu tun was ich von ihm möchte?“ Egal in welcher Situation das Problem auftritt, es ist immer eine Form von Widerstand des Pferdes und die Lösung liegt immer in der Form der menschlichen Führung.

Das Pferd ist ein Beutetier. In seinen angeborenen Instinkten ist fest verankert, alles auf der Grundlage seiner Selbsterhaltung zu beurteilen. Wenn es sich unserer Anfrage verweigert, dann ist dies durch seinen dominantesten Instinkt motiviert: Überleben. Von seinem Standpunkt aus ist die Entscheidung des Widerstandes logisch, rational und intelligent. Nicht nur, dass es glaubt das Richtige zu tun, in dem er „Nein“ zu uns sagt – es versteht überhaupt nicht, warum wir mit ihm streiten.

In ihrer natürlichen Umgebung haben Pferde Führer und leben in Herden. Ihr Führer muss über Überlebensfähigkeiten verfügen und diese demonstrieren. Sie müssen das intelligenteste, selbstbewussteste, einfühlsamste und sensibelste von Allen sein. Sie haben die größte Erfahrung im Überlebenskampf und damit die größte Weisheit. In einer Herde von Pferden wird dies als „Alpha“ bezeichnet. Es gibt immer ein Alpha oder Führer – egal ob es sich um eine Herde von 100 Pferden oder eine 2er Herde, wie bei Ihnen und ihrem Pferd, handelt.

Wenn in solch einer 2er Herde das Pferd nicht wahrnimmt, dass der Mensch (egal ob männlich oder weiblich) diese Alpha Führungsqualitäten besitzt. wird es sich nicht sicher fühlen und seinen Reiter als Anführer nicht akzeptieren. Das Pferd wird sich dann auf sich selbst verlassen. Es wird sein eigener Führer sein und ständig alles bewerten und einige oder gar jede Anfrage seines Reiters zu einer Herausforderung machen.

Wenn ein Pferd dann entscheidet, dass ihre Anfrage im besten Sinne seines Überlebens ist, dann wird es diese erfüllen. Manchmal schafft dies die Illusion, dass Sie als Reiter die Kontrolle haben. Wenn jedoch aus irgendeinem Grund das Pferd den geringsten Zweifel hat, wird es sich widersetzen und versuchen, das zu tun, von dem es glaubt, mehr in seinem Interesse der Selbsterhaltung zu sein.

Für seinen Reiter erscheint dies als Ablehnung oder Ungehorsam. Für das Pferd ist es aber eine Frage von Leben und Tod. Es sind in der Regel vier Gründe aus denen sich ein Pferd verweigert oder nein sagt zu seinem Reiter: Angst, Respektlosigkeit, Missverstehen und Schmerz. Die Basis ist aber das Überleben.

Grund 1: Angst

Pferde sind Beutetiere. Ihr Leben hängt davon ab, sich nie an einen Ort oder eine Situation zu bringen, wo sie von einem Raubtier gefressen werden können. Aus ihrer Sicht ist es egal, ob dies auf den Ebenen von Idaho oder einem Reitplatz in Florida ist.

Alles was Pferde für Menschen tun erfolgt erst, wenn sie wissen, dass sie sicher sind. Wenn sie eine vermeidliche Gefahr verspüren, werden sie instinktiv die Flucht ergreifen oder Widerstand leisten.

Wenn ein Pferd von der spezifischen Anforderung seines Reiters glaubt, dass diese sein Überleben gefährden kann (z.B. einen Bach zu überqueren) und er nimmt seinen Reiter nicht als Anführer wahr, wird es ängstlich sein und Widerstand leisten. Wenn es allerdings in seinem Reiter seinen Führer sieht und ihm vertraut, so wird es wissen, dass sein Reiter (wie auch das Alpha Pferd) nie etwas tun würde, was seine Sicherheit gefährdet.

Es wird dann, obwohl immer noch ängstlich, zulassen, dass sein Reiter ihm hilft, zuversichtlicher zu werden und seine Angst zu überwinden, um schließlich dem Wunsch des Reiters zu folgen.

Dies kann nur durch Kommunikation erreicht werden – nicht durch Zwang. Wahre Anführer wenden niemals Gewalt an.

Grund 2: Respektlosigkeit

Damit ein Pferd ein anderes zu seinem Anführer wählt und ihm sein Leben anvertraut, muss es alles an ihm respektieren: seine Intelligenz, seine Fähigkeiten, seine Vertrauenswürdigkeit und seine Weisheit. Dies gilt ebenso für Sie wie für ein anderes Pferd.

Pferde sind genau wie Menschen: Wir können nicht ihren Respekt für uns erbitten oder fordern. Wir können ihn nur verdienen. Wenn unser Pferd uns nicht respektiert, wird es selber entscheiden, was es tun wird und was nicht.

Gute Führungskräfte, ob Pferd oder Mensch, wissen, wie man effektiv kommuniziert und haben die Werkzeuge und Techniken mit denen man Respekt verdient und erhält.

Manchmal schaut es so aus als wenn uns unser Pferd respektiert, weil es tut was wir von ihm erfragen, aber in Wirklichkeit geht es mit uns nur den Weg oder bleibt bei uns stehen, weil das, worum wir bitten, für das Pferd nicht so wichtig ist.

Dies erzeugt die Illusion einer Kontrolle und hat das Potential für mögliche Probleme. Selbst wenn wir der gewählte Führer sind und den Respekt unserer Pferde verdient haben, so liegt es in ihrer Natur, uns immer wieder zu testen und zu schauen, ob wir dies noch verdienen.

Menschen mit reaktionsfreudigen Pferden sind oft überrascht, wenn ihr Pferd „ohne Grund“ eine Routineaufgabe verweigert. Respekt ist nicht nur etwas, was wir verdienen müssen – es muss auch gepflegt werden.

„Wenn Sie ihr Pferd reiten bevor Sie der Anführer sind, ist dies nicht nur ein Set-up für Widerstand – 
es ist auch der Grund warum Reiter sich verletzen.“

Tim Hayes

Grund 3: Missverstehen

Pferde sprechen kein Englisch und Gewalt ist keine Sprache. Wie Menschen reagieren sie auf eine klare Kommunikation. Wenn wir von unserem Pferd wollen, dass es etwas tut, liegt es in unserer Verantwortung, dies in einer Art und Weise zu kommunizieren, die es versteht.

Manchmal, wenn wir unser Pferd bitten, vom Trab in den Galopp zu gehen und es macht dies nicht, dann beschuldigen wir es als respektlos, eigensinnig oder faul – tatsächlich ist es möglich, dass nichts davon zutrifft.

Wenn er uns als Anführer liebt, vertraut und respektiert, dann weiß es, dass eine Einhaltung unserer Anfrage auch in seinem Interesse der Selbsterhaltung ist. Seine Nicht-Ansprechbarkeit kann ein Indiz dafür sein, dass er nicht unsere Hilfe oder die Art und Weise unserer Kommunikation versteht.

Manchmal, wenn wir in unserer Kommunikation nicht klar gewesen sind, dann kann unser Pferd etwas anderes tun als wir angefordert haben, aber es denkt, dass es das tut was wir abgefragt haben. Und wenn dies passiert, denken viele traditionelle Reiter, dass ihr Pferd Widerstand leistet. Sie sind verärgert und sehen ihr Pferd als Problem.

Wenn jedoch der Reiter weiß, dass sein Pferd ihn als Anführer akzeptiert, dann kann er das vermeidliche Problem bei sich selber suchen, die Qualität seiner Kommunikation überdenken und entsprechende Änderungen vornehmen, z.B. leichter sein, fester sein, Druck schneller wegnehmen usw..

Gute Anführer sorgen für eine gute Kommunikation.

Grund 4: Schmerzen

Wie viele andere Tiere sind Pferde erstaunlich darin, physische Schmerzen zu tolerieren. Was können sie anderes tun? Jede Anfrage durch ihren Reiter, die Schmerzen verursacht oder weitere hinzufügt, erhöht ihre Verletzbarkeit und bedroht ihre Selbsterhaltung. Wird Schmerz mit dem Reiter in Verbindung gebracht, so wird Widerstand immer wieder auftreten, egal ob das Pferd ihn als Anführer akzeptiert oder nicht.

Ein guter Anführer zu sein beinhaltet das Lernen, wie uns unsere Pferde erzählen, wenn sie Schmerzen haben und wie wir ihm helfen können. Pferde erzählen ständig über sich – selbst mit ihrem Körper, Augen, Kopf, Schwanz und Hufen. Entweder bewegen sie sich oder sind still – stehend oder liegend.

Wenn wir lernen, was sie in der Regel tun wenn sie glücklich und zufrieden sind, dann können wir hoffentlich auch sagen, wenn sie es nicht sind, wie z.B. wenn sie nicht fressen, dann ist etwas nicht in Ordnung.

Bevor wir unser Pferd satteln ist es wichtig, es physisch zu überprüfen. Wir müssen es in Bewegung gesehen haben, wenn es ihm gut geht. Wir müssen Rücken und Beine nach Schmerzen abtasten. Pferde verstecken oft ihre Schmerzen. Dies ist instinktiv und eine Frage des Überlebens.

Das schwache und verletzte Pferd ist in der Regel die erste Wahl eines Raubtieres. Als Anführer liegt es in unserer Verantwortung, sicher zu stellen, dass unsere Pferde keine Schmerzen haben.

Einer der am häufigsten übersehenen Bereiche für schwere Schmerzen bei Pferden sind ihre Zähne. Manchmal, wenn sich ein Pferd der Aufforderung seines Reiters widersetzt oder physische Schwierigkeiten wie Drehen nach links oder rechts hat, dann versucht es seinem Reiter zu sagen, dass es Schmerzen hat. Manchmal ist der Schmerz in seinem Maul.

Wenn Sie ein Pferd mit Zahnschmerzen wären – wie würden Sie um Hilfe bitten? Alle Hauspferde müssen von einem qualifizierten Pferde-Zahnarzt jährlich überprüft werden. Gute Anführer wissen das und tun dies für ihr Pferd.

Fazit

Ob aus Angst, Respektlosigkeit, Missverstehen oder Schmerzen – jeder Pferde-Widerstand ist zunächst durch die Selbsterhaltung motiviert. Dies aus der Sicht des Pferdes zu sehen, macht vielleicht nicht immer Sinn, aber unter den gleichen Umständen würden wir Menschen uns wahrscheinlich in der gleichen Weise verhalten.

Die positive Akzeptanz und die Umsetzung unserer Anfragen durch unser Pferd ist nur möglich, wenn wir uns Vertrauen und Respekt verdient haben und von ihm als Anführer in unserer 2er Herde wirklich anerkannt werden.

Denn anstatt unserem Pferd die Schuld zu geben und immer wütend, frustriert und enttäuscht zu sein, wenn es sich widersetzt, können wir sagen: „Mein Pferd sagt mir etwas zur Qualität meiner Führung. Was hätte ich anders machen können, um effektiver zu sein? Muss ich ihm helfen oder muss ich mehr Selbstvertrauen bekommen, damit ich seinen Respekt verdiene oder wiedererlange, meine Kommunikation verbessern oder die Hilfen sanfter oder fester geben oder muss ich sicherstellen, dass es keine Schmerzen hat?

Anführer eines Pferdes wird man am besten durch Bodenarbeit. Pferde interagieren in der Natur mit anderen Pferden auf dem Boden. Pferde reiten keine Pferde. Natural Horsemanship basiert darauf, was am natürlichsten und verständlichsten für das Pferd ist. Es stellt Werkzeuge und Techniken, die es dem Menschen ermöglichen, sich als Anführer ihres Pferdes zu etablieren, bevor sie sich auf den Rücken des Pferdes setzen.

Wenn Sie ihr Pferd reiten bevor Sie der Anführer sind, ist dies nicht nur ein Set-up für Widerstand – es ist auch der Grund warum Reiter sich verletzen. In der weltbekannten Spanischen Hofreitschule (gegründet 1572) dürfen die Schüler in den ersten 4 Jahren ihrer 8jährigen Ausbildung nur mit dem Pferd vom Boden aus arbeiten, bevor sie in den Sattel dürfen.

Das wirklich Erstaunliche und Wundervolle in dem Wissen, dass unsere Pferde „Nein“ sagen, liegt in der wunderbaren Gelegenheit, etwas Wichtiges und Hilfreiches zu lernen. Dass unser Pferd etwas vermeintlich Verkehrtes tut, stellt sich als Gelegenheit heraus, welche uns hilft ein besserer Reiter oder Pferdemensch zu werden. Und dies in einer Art und Weise, wie wir es vielleicht nie von einem menschlichen Lehrer gelernt hätten.

Dann erkennen wir, dass unser Pferd der beste Lehrer ist, der uns immer wissen lässt, wenn wir etwas tun, ob wir es verbessern müssen und wie man so ein besserer Reiter wird.

Tim Hayes Natural Horsemanship Trainer Author

Tim Hayes

Tim Hayes ist Experte für Pferdeverhalten und -therapie und hat sich auf Natural Horsemanship spezialisiert. Er bietet verschiedene Seminare (engl. Clinics) an, die auf seinen Büchern „Riding Home-The Power of Horses to Heal“ und „Horses, Humans, and Love“ basieren.

Hayes ist dafür bekannt, außergewöhnliche Beziehungen zwischen Pferden und Menschen zu fördern. Seine Arbeit konzentriert sich auf drei Hauptbereiche: Equine Therapy Clinics, Self-Discovery Clinics und Natural Horsemanship Clinics.

Für detailliertere Informationen können Sie seine Website hier besuchen.

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